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CoHaP2 zieht Bilanz: Praxisorientierte, freie und interaktive Programmieraufgaben für die digitale Bildung

Unsere Fragen beantwortete Sebastian Serth, Projektkoordinator und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH.

Nach intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit haben die Förderprojekte ihre Ziele erreicht und spannende Ergebnisse hervorgebracht. In dieser Interviewreihe werfen wir einen Blick auf die Erfahrungen der Projektteams: Wir sprechen über spannende Herausforderungen, Erfolge und wichtige Erkenntnisse.

Das Projektteam von CoHaP2 erleichtert Lehrenden die Erstellung und Verwaltung interaktiver Programmieraufgaben über die Austauschplattform „CodeHarbor“. Diese Plattform fokussiert sich besonders auf die Bedürfnisse der Lehrenden in der Programmierausbildung. Für sie soll es leichter werden, interaktive und automatisch bewertbare Programmieraufgaben im Unterricht einzubetten. Lernende profitieren von interaktiven Aufgaben und individualisiertem Feedback, wodurch sie das Programmieren zeit- und ortsunabhängig erlernen können.

CoHaP2 ist abgeschlossen. Was sind Ihre wichtigsten Projektergebnisse?

Sebastian Serth: Mit unserem Projekt CoHaP2 haben wir in mehreren Bereichen zentrale Fortschritte erzielt. Ein besonders greifbares Ergebnis ist die Veröffentlichung von über 750 qualitativ hochwertigen Programmieraufgaben unter einer freien Lizenz, sogenannten Open Educational Resources. Diese Aufgaben umfassen automatisierte Tests inklusive der Überprüfung der Lösung, aussagekräftige Metadaten und Musterlösungen für Lehrkräfte. Dank der Unterstützung offener Standards und Schnittstellen können diese Aufgaben problemlos in bestehende Systeme übertragen und dort weiterverwendet werden. Auch an „Mein Bildungsraum“ ist CodeHarbor anschlussfähig.

Nicht zuletzt haben wir im Projekt auch innovative Funktionen entwickelt, die den Arbeitsalltag von Lehrenden konkret erleichtern: etwa einen durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützten Prozess, bei dem eigene Testfälle für neue Aufgaben ergänzt werden können oder die Möglichkeit, Änderungsvorschläge für bestehende Aufgaben einzureichen. Zusammen mit einer stark verbesserten Such- und Filterfunktion tragen diese Entwicklungen dazu bei, Programmieraufgaben einfacher, effizienter und zugänglicher zu erstellen und gemeinsam zu nutzen.

Was waren Ihre größten Erfolge und gab es unerwartete Hürden?

Sebastian Serth: Ein großer Erfolg ist das große Interesse von über 11.000 Lernenden an unserem kostenlosen Python-Kurs, in dem wir einen Einblick in die Grundlagen der testgetriebenen Entwicklung mit der Programmiersprache Python gaben. Darüber hinaus konnten wir CodeHarbor an die Closed-Beta-Version von „Mein Bildungsraum“ anbinden. 

Unerwartete Hürden gab es vor allem im Bereich der technischen Interoperabilität: Die von uns verwendeten Metadatenstandards sind sehr mächtig, haben also eine große Bandbreite an Beschreibungsoptionen, sind modular aufgebaut und haben eine hohe Kompatibilität zu anderen Systemen. Leider werden diese nicht durchgehend einheitlich eingesetzt. Das führte dazu, dass wir deutlich mehr Zeit in die Umsetzung der Metadatenformate und in manuelle Tests mit anderen Systemen investieren mussten als ursprünglich geplant. Auch die Balance zwischen einer möglichst flexiblen Nutzendenoberfläche und einem strukturierten Metadatenmodell war herausfordernd. Hier galt es, didaktische Anforderungen und technische Standards in Einklang zu bringen. Rückblickend haben wir jedoch genau an diesen Punkten viel gelernt und konnten durch stetige Verbesserungen ein zukunftssicheres System aufbauen.

Wie profitieren Nutzende von Ihrer Forschung bzw. Ihren Produkten?

Sebastian Serth: Lehrkräfte profitieren ganz konkret von den Ergebnissen unserer Arbeit. Sie erhalten mit CodeHarbor eine Plattform, auf der sie automatisiert bewertbare Programmieraufgaben nicht nur finden und wiederverwenden, sondern auch selbst erstellen, teilen und gemeinsam weiterentwickeln können. Dank der Bewertung von Aufgaben, dem Einbringen von Änderungsvorschlägen oder der Möglichkeit, Aufgaben in Sammlungen zu organisieren, wird es deutlich leichter, Informatikunterricht vorzubereiten und durchzuführen.

CodeHarbor kann zukünftig über eine datensparsame Anmeldung genutzt werden. Der Zugang zu mehr als 750 freien Aufgaben mit strukturierten Metadaten unterstützt dabei die Wiederverwendung von qualitativ hochwertigen Inhalten, die über eine verbesserte Such- und Filterfunktionen leicht zugänglich sind.

Auch auf didaktischer Ebene profitieren die Nutzenden: Mit dem KI-gestützten Werkzeug zur Erstellung von Testfällen oder dem begleitenden Python-Kurs bieten wir konkrete Werkzeuge und Inhalte an, die Lehrende bei der Vermittlung von Programmierfähigkeiten unterstützen – sowohl im Schulkontext als auch in der Hochschullehre.

Welche Potenziale sehen Sie für Ihr Projekt über den aktuellen Anwendungsbereich hinaus?

Sebastian Serth: Das Projekt birgt großes Potenzial über den aktuellen Anwendungsbereich hinaus – insbesondere, weil die zugrundeliegenden Konzepte wie die strukturierte Beschreibung, der standardisierte Austausch und die kollaborative Weiterentwicklung von Lerninhalten nicht auf Programmieraufgaben beschränkt sind. Die technologische Basis von CodeHarbor könnte perspektivisch auch auf andere Fachbereiche übertragen werden, zum Beispiel auf die Mathematik oder andere Naturwissenschaften, in denen automatisierbare Aufgabenformate und der Aufbau einer umfangreichen Aufgabensammlung denkbar sind.

Darüber hinaus sehen wir große Chancen in der internationalen Vernetzung: Durch den Einsatz offener Standards und Schnittstellen lässt sich CodeHarbor auch mit anderen Bildungsplattformen im In- und Ausland verknüpfen. Perspektivisch könnten so nationale wie internationale Aufgabenpools entstehen, in denen Bildungsinhalte systemübergreifend geteilt und weiterentwickelt werden. Ein echter Beitrag zu einer offenen, digitalen Bildungslandschaft!

Nicht zuletzt zeigt sich auch ein didaktisches Potenzial: Mit dem breiteren Einsatz von automatisiertem Feedback und KI-gestützten Tools, wie dem beispielhaft implementierten Werkzeug zur Generierung von Testfällen, lassen sich neue Formen der digitalen Unterrichts- und Prüfungsgestaltung erproben. Diese Ansätze könnten langfristig auch Impulse für moderne Lehr- und Lernkonzepte liefern, die über die klassischen Aufgabenformate hinausgehen.

Stichwort Transferpotenziale : Welche Erkenntnisse möchten Sie anderen Bildungsprojekten mit auf den Weg geben?

Sebastian Serth: Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, frühzeitig und kontinuierlich mit der eigenen Zielgruppe zusammenzuarbeiten. Die von uns durchgeführten Interviews und Befragungen in der Konzeptionsphase waren entscheidend dafür, dass wir wirklich relevante Funktionen entwickeln konnten und nicht an den Bedarfen der Lehrkräfte vorbeientwickeln. Dass wir für die Umsetzung als Grundlage von den Befragten erstellte „User Stories“, also konkrete Anwendungsszenarien, genutzt, aber auch wiederholt Tests mit Rückmeldungen aus der Praxis durchgeführt haben, war letztendlich äußerst wirkungsvoll.

Ein weiterer zentraler Punkt betrifft den Einsatz offener Standards. Auch wenn deren Umsetzung auf technischer Ebene herausfordernd sein kann, schafft sie langfristig die Voraussetzung für Interoperabilität, Wiederverwendbarkeit und Skalierbarkeit – Aspekte, die unserer Meinung nach für Bildungsprojekte unerlässlich sind.

Wie geht es für Ihr Angebot  weiter?

Sebastian Serth: Die im Projekt entwickelten Inhalte und Werkzeuge werden über etablierte Plattformen wie openHPI weiterhin einer breiten Zielgruppe zur Verfügung gestellt. Das Hasso-Plattner-Institut verfolgt dabei das Ziel, eine europäische Vorreiterrolle in der Vermittlung digitaler Kompetenzen zu übernehmen und zielt mit dem Angebot von openHPI insbesondere auf Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte ab.

CodeHarbor selbst ist als Teil dieser Bildungsstrategie mit dem Anspruch entstanden, konkrete, praxisnahe Lösungen für Lehrende bereitzustellen – unabhängig davon, ob sie an Schulen, Hochschulen oder im Bereich der Online-Lehre wie zum Beispiel in offenen Online-Kursen (sogenannten Massive Open Online Courses, MOOCs) tätig sind. Die Ergebnisse des Projekts basieren auf einer intensiven Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Bedürfnissen dieser Zielgruppen und bieten eine solide Grundlage für den Einsatz in verschiedensten Bildungskontexten.

Vor diesem Hintergrund werden wir auch künftig unseren Fokus auf frei zugängliche, qualitativ hochwertige Lernangebote insbesondere für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende legen und so sicherstellen, dass die im Rahmen von CoHaP2 entwickelten Ansätze und Inhalte langfristig Lehrenden und Lernenden gleichermaßen zugutekommen.