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CoKoMo2 zieht Bilanz: Erfolgreich abgeschlossen – bereit für die Zukunft!

Unsere Fragen beantwortete Prof. Dr. Andreas Baumgart, Projektleiter und Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, Fakultät für Technik und Informatik.

Nach intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit haben die Förderprojekte ihre Ziele erreicht und spannende Ergebnisse hervorgebracht. In dieser Interviewreihe werfen wir einen Blick auf die Erfahrungen der Projektteams: Wir sprechen über spannende Herausforderungen, Erfolge und wichtige Erkenntnisse.

Das Projektteam von CoKoMo2 stellt eine einheitliche Schnittstelle für Lernziele bereit. Damit können Akteure im Bildungsbereich ihre Prozesse zum Lehren und Lernen effizient koordinieren und durchführen. Zu diesen Akteuren gehören zunächst Länder, Schulen und Verlage. Hinzu kommen die Anbieter von Lernmanagement-Systemen und Katalogen, aber auch zukünftige Marktbeteiligte, wie zum Beispiel Learning-Analytics-Anwendungen oder Intelligente Tutoring-Systeme. Für eine effiziente, interoperative Bildungsproduktion brauchen sie eine fast unsichtbare Technologie: eine Schnittstelle. Diese stellt CoKoMo2 für E-Learning-Anwendungen bereit. Wie sie funktioniert, zeigt das Projekt mit zwei Web-Anwendungen: Die erste dient dazu, Lehrpläne zu erstellen. Die zweite dokumentiert den individuellen Lernstand einer Person. Beide basieren auf dem Wissensmodell von CoKoMo, das etwa 95 Prozent der Mathematik-Lernziele für die Sekundarstufe I an Gymnasien abdeckt.

Das Projekt CoKoMo2 ist seit März 2025 erfolgreich abgeschlossen. Was sind Ihre wichtigsten Projektergebnisse?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: Mit CoKoMo haben wir ein Werkzeug geschaffen, mit dem Lernziele vereinheitlicht und Lernstände eindeutig identifiziert werden können.

Wir liefern dazu Ergebnisse in zwei Kategorien. Zum einen stand am Ende der Projektlaufzeit die Software: CoKoMo ist unsere Webanwendung mit einem bedienungsfreundlichen User-Interface und einer öffentlichen Programmierschnittstelle, einer sogenannten API (Application Programming Interface). Wir setzen damit bekannte Konzepte für die Formulierung von Ontologien um und verknüpfen sie mit der Kompetenzorientierung der Kultusministerkonferenz. Im Zusammenspiel mit einer modernen Web-Technologie und der intuitiven Nutzendenerfahrung ist CoKoMo damit ein wichtiges Element für eine Vernetzungsinfrastruktur, indem es eine einheitliche Schnittstelle bereitstellt.

Zum anderen haben wir konkrete Zukunftsszenarien erarbeitet: Unsere Schnittstelle kann eine zukünftige, dezentrale und vernetzte Bildungsinfrastruktur ermöglichen, die die Grundlage für neue, innovative und interoperative Anwendungen bildet. Wie diese Schnittstelle aussehen sollte, haben wir in konkreten Szenarien und Wertschöpfungsnetzwerken erarbeitet, sogenannten Value-Networks.

Was waren Ihre größten Erfolge und gab es unerwartete Hürden?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: Wir haben unser Vorhaben sehr erfolgreich abgeschlossen und sind stolz auf das Ergebnis. Vielleicht sehen wir deshalb die Hürden für die Zukunft umso deutlicher.

Für Unternehmen in Deutschland gibt es aktuell (noch) keine klare Perspektive für einen Mehrwert, der aus der Vernetzung ihrer eigenen Dienste mit anderen Organisationen entsteht. Für sie steht die Steigerung der eigenen Nutzendenzahlen im Vordergrund. So sind es im Moment eher große Unternehmen der Privatwirtschaft, die Interesse für CoKoMo zeigen. Sie wollen ihre Bildungsressourcen besser intern organisieren und Inhalte wiederverwenden oder Metainformationen zu Lernprozessen für die Analyse ihrer Prozesse nutzen.

Klar erscheint uns: Alle Beteiligten im Bildungssystem können massiv von interoperativen Systemen profitieren, die bis in die Schulen hinein zu den Lernenden reichen. CoKoMo zeigt einen Weg dorthin auf. 
Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass KI-Lösungen wie Large-Language-Modelle solche Wissensmodelle wie CoKoMo jetzt und in absehbarer Zeit nicht ablösen können.

Wie profitieren Nutzende von Ihren Produkten?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: CoKoMo steht für alle bereit, die große Mengen von Lernressourcen, also zum Beispiel Videos, Aufgaben und Texte, besser organisieren wollen. Mit unseren Identifikationsnummern (IDs) werden Aufgaben – unabhängig von Bundesland oder Schulform – einem Lernziel zugeordnet und können in unterschiedlichsten Lernzusammenhängen neu kombiniert und automatisiert wiederverwendet werden.

Darüber hinaus steht unsere Schnittstelle allen Software-Entwickelnden zur Verfügung, um innovative Produkte für die Bildung neu zu entwickeln. So können mit CoKoMo zum Beispiel neue IT-Anwendungen für Intelligente Tutoring-Systeme entstehen, ohne eine vollständige Lernumgebung mit Nutzenden, Nutzenden-Verwaltung, Lernvideos und Aufgaben vorhalten zu müssen. Denn unsere Ontologie liefert die formalisierten Bedeutungszusammenhänge, auf denen Algorithmen automatisiert und individuell für jeden Lernenden einen Lernpfad ableiten können.

Welche Potenziale sehen Sie für Ihr Projekt über den aktuellen Anwendungsbereich hinaus?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: Anwendungen wie CoKoMo könnten Prozesse im Bildungswesen effizienter und nachhaltiger machen. Davon könnte auch der öffentliche Haushalt profitieren.

Stichwort Transferpotenziale: Welche Erkenntnisse möchten Sie anderen Bildungsprojekten mit auf den Weg geben?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: Wir demonstrieren das Transferpotenzial von CoKoMo mit zwei Prototypen, die unser Wissensmodell nutzen. So zeigen wir, wie man mit unseren IDs einen Bildungsplan erstellt und wie die Dokumentation von persönlichen Bildungsständen mithilfe dieser IDs gelingt.

Und hier gibt es großes Potenzial für weitere Anwendungen! Zum Beispiel könnten Bildungsprozesse effizienter und nachhaltiger werden, wenn Unternehmen, Schulen, Lernende und Lehrende ihre Lernziele und -erfolge über dieselbe Schnittstelle eindeutig adressieren können.

Wie geht es für Ihr Produkt weiter?

Prof. Dr. Andreas Baumgart: CoKoMo ist fertig. Wir haben erste Wissensmodelle – hauptsächlich für die Mathematik der Sekundarstufe – erarbeitet und machen sie über unsere öffentliche API verfügbar. Jetzt suchen wir Interessenten, die mit uns die nächsten Schritte gehen – also Software erstellen, die unsere Schnittstelle in ihre Software integriert.

In unseren Gesprächen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen geht es vor allem um die Potenziale für personalisierte und nutzendenfreundliche Bildungsprozesse für ihre Kunden. Zentral ist hierbei, dass die Wissensmodelle für innovative IT-Werkzeuge, wie zum Beispiel automatisierte Tutoren, genutzt werden können.